Dominik May
  Urteil
 

Acht Jahre Haft für die Gewalttat auf der Kerb

27.04.2010 - USINGEN/FRANKFURT

Urteil im Prozess gegen Marcel S. - Wegen 2,37 Promille jedoch nicht voll schuldfähig

(sam). Wegen der heimtückischen Ermordung von Dominik May und der Körperverletzung an dessen Freund ist der Grävenwiesbacher Marcel S. gestern zu einer Haftstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Er hoffe, dass das Urteil richtig verstanden werde, sagte der Vorsitzende Richter der 21. Strafkammer des Frankfurter Landgerichts als Einleitung zu seiner Urteilsverkündung. Das Gericht habe versucht, gerecht zu urteilen, also beide Seiten gleichermaßen zu berücksichtigen.

Mord wird im Prinzip mit lebenslanger Haft bestraft. Marcel S. war bei der Tat auf der Usinger Kerb wegen seines hohen Promillewertes von maximal 2,37 Promille jedoch nicht voll schuldfähig, daher wurde die Strafe abgemildert. Der Strafrahmen liegt in solchen Fällen zwischen drei und 15 Jahren. Für den 21-Jährigen spricht laut Gericht, dass er nicht vorbestraft war, sofort gestanden hat, selbst unter der Tat leidet und Reue zeigt. Die Strafkammer hält ihn nicht für gefährlich. Marcel S. habe ein sozial angepasstes und ordentliches Leben geführt, sagte der Vorsitzende Richter. Nach der Tat habe er sich vor sich selbst geekelt und das Messer sofort weggeworfen.

Der junge Mann nahm das Urteil äußerlich regungslos entgegen, ebenso wie die Familie des Ermordeten, die als Nebenkläger auftrat.

Die Strafkammer hatte keinen Zweifel daran, dass er den Neu-Anspacher Dominik May heimtückisch getötet, also dessen Arg- und Wehrlosigkeit ausgenutzt hat. „Er konnte nicht mit einem Messerangriff rechnen und hatte auch gar keine Zeit zu reagieren“, sagte der Richter. Marcel S. habe ihn zwar nicht töten wollen. Wer jedoch in diese Körperregion steche, nehme den Tod billigend in Kauf. Es gebe auch keine Hinweise darauf, dass Marcel S. in Notwehr gehandelt habe. Anlass und Tat hätten in keinem Verhältnis zueinander gestanden. Dominik May sei an der Auseinandersetzung unbeteiligt gewesen.

Strafschärfend wertete das Gericht die enormen psychischen Folgen bei der Familie des Ermordeten. Die Eltern sind umgezogen, die Schwester lässt sich therapeutisch behandeln, auch der Bruder hat seit der Tat psychische Probleme. „Ich weiß, dass das Urteil nicht ihren Erwartungen entspricht“, sagte der Richter zu der Familie. Er hoffe jedoch, dass sie die Beweggründe des Gerichts akzeptierten. Auch eine hohe Strafe würde ihren Sohn und Bruder nicht mehr lebendig machen.

Er habe ein nicht wieder gutzumachendes Unheil angerichtet, wandte sich der Richter schließlich noch an den Angeklagten. Er habe zwei Familien zerstört und solle unbedingt im Gefängnis eine Therapie machen. Denn die Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten habe die Tat noch begünstigt. Eine Wiederholungsgefahr sieht er bei dem 21-Jährigen nicht.

Die Strafkammer ging davon aus, dass das Drama begann, als ein unbekannter Kerbbesucher den Freund von Marcel S. als „Nazi“ beschimpfte. Der Freund dachte, dass jemand aus der Gruppe von Dominik May ihn so genannt hatte. Die beiden stritten daraufhin ein wenig. Für die Gruppe rund um Dominik war die Sache damit erledigt, für den Freund von Marcel S. jedoch nicht. Etwa eine Stunde später beschimpfte er den anderen Mann noch einmal - „Du Hurensohn“ schrie er in die Nacht und nannte seinen Kontrahenten auch beim Namen. Das wollte dieser wiederum nicht auf sich sitzen lassen. Er war schon auf dem Heimweg und hatte diese Worte nur zufällig gehört. Er und seine Gruppe drehten um. Marcel S. und Dominik May gehörten zwar zu den jeweiligen Gruppen, hatten aber nichts mit der Sache zu tun. Während des Streits zwischen den beiden Männern zog Marcel S. jedoch ein Messer aus der Tasche und versteckte es hinter dem Rücken. Das sahen die Männer aus der anderen Gruppe. Was er denn dort habe, wurde er gefragt. „Nichts“, lautete die Antwort. Dann schlug Marcel S. zunächst einem der Männer mit der Faust ins Gesicht, dann rammte er das Messer in das Herz von Dominik May. Dieser konnte sich noch für einige Zeit auf den Beinen halten, bevor er zusammenbrach und bewusstlos wurde. Seine Freunde schafften es, ihn mit Mund-zu-Mund-Beatmung zu reanimieren. In Bad Homburg wurde er operiert, er starb jedoch etwa zwei Stunden nach dem Messerstich. Dominik May wurde 20 Jahre alt.

Der Mörder rannte weg und warf voller Ekel das Messer in einen Vorgarten. Er flüchtete zu einer Freundin, dann holte sein nichtsahnender Vater ihn ab. Am nächsten Morgen wurde er von der Polizei zu Hause geweckt und gestand alles. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.

Marcel S. ist alles andere als gewalterfahren. Er ist im Gegenteil sehr harmoniebedürftig und bezeichnet sich selbst als „Weichei“. Freunde und Familie sind ihm sehr wichtig. Wenige Wochen vor dem Mord auf der Kerb war er in Neu-Anspach von Jugendlichen zusammengeschlagen worden - das war seine erste Erfahrung mit Gewalt. Sein Freund stand ihm damals bei. Vermutlich wollte er mit dem Faustschlag und dem Messerstich auf der Kerb diesem Freund beistehen. Dieser hatte später bei der Polizei gesagt, er wisse um seine eigene moralische Schuld an dem Mord.


 
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