Dominik May
  2. Verhandlungstag
 

Viele Tränen und ein Geständnis

25.03.2010 - USINGEN

21-Jähriger wegen Mordes an Dominik May vor Gericht - "Ich wollte nie einen Menschen umbringen!"

(sma). Die Emotionen schlugen hohe Wellen gestern im Frankfurter Landgericht beim Prozessauftakt gegen den mutmaßlichen Mörder des Neu-Anspachers Dominik May. Laut weinend erzählte Marcel S. von dem Messerstich am 12. September 2009 auf der Usinger Kerb, der das Leben von Dominik May beendete und sein eigenes von Grund auf veränderte. Auch im voll besetzten Zuschauersaal - die Verhandlung war wegen der vielen Zuschauer extra in einen größeren Saal verlegt worden - liefen viele Tränen.

Nach den bisherigen Zeugenaussagen traf in der Nacht zum 12. September wohl ein unglücklicher Zufall auf den nächsten. Es fing damit an, dass weder der Täter noch sein Opfer eigentlich auf die Kerb wollten. Beide kannten sich überhaupt nicht. "Ich habe erst später in der Polizeiakte gesehen, wie er überhaupt aussieht", sagte der 21-jährige Angeklagte.

Täter und Opfer gehörten zu zwei Gruppen. Zwei Männer aus diesen Gruppen gerieten aneinander - nach der Aussage eines Zeugen wohl zufällig. Im Eingangsbereich des Festzeltes soll jemand aus einer ganz anderen Gruppe den aus Waldsolms stammenden Begleiter des Angeklagten als "Nazi" beschimpft haben. Der Waldsolmser meinte wohl, dass ein Neu-Anspacher aus der Gruppe von Dominic May diese Worte gerufen hatte. Daraufhin beschimpfte er diesen als "Hurensohn". Die beiden stritten sich ein bisschen, ohne dass sich jemand einmischte. Dann gingen die Gruppen vorerst ihrer eigenen Wege.

Vermutlich eine Stunde später, etwa um zwei Uhr in der Nacht, waren Dominik May und seine zwei Freunde auf dem Weg nach Hause. Sie nutzten den Weg vom Festplatz zur Neutorstraße als Toilette, kurz darauf hörten sie den Waldsolmser wieder "Du Hurensohn" schreien. "Ich glaube nicht, dass er uns gesehen hat. Er hat wohl nur so rumgeschrieen", mutmaßte einer der Begleiter von Dominik May als Zeuge. Sie kehrten um, weil der so Beleidigte die Sache klären wollte.

Wieder gerieten der Waldsolmser und der Neu-Anspacher in Streit. Laut Anklage und einigen Zeugenaussagen soll der eigentlich völlig unbeteiligte Marcel S. in der rechten Hand hinter dem Rücken ein Messer gehalten haben. "Ich hatte gesehen, dass er was versteckt hat", erzählte der Neu-Anspacher. Er habe ihn gefragt, was er denn dort habe. "Nichts", sei die Antwort gewesen.

Dann habe ihn Marcel S. plötzlich mit der Faust gegen das Kinn geschlagen und sei mit dem Messer auf ihn losgegangen. Er selbst sei voller Panik etwa 20 Meter weggerannt und dann stehengeblieben. Dann sei ihm Dominik May mit den Worten "Er hat mich angestochen" entgegengekommen und zusammengebrochen. Er selbst habe noch versucht, seinen nach Luft ringenden Freund mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung zu retten, jedoch vergeblich. "Ich bin bis heute noch nicht über die Tat weg", sagte er.

Ähnlich ergeht es auch einem weiteren Freund von Dominik May, der die Tat ebenfalls ansehen musste. "Ich glaube, er wollte einfach nur irgendeinen treffen", sagte dieser über Marcel S., der mit der zehn Zentimeter langen Klinge seines Messers das Herz von Dominik May durchstochen hatte. Das Messer verletzte sogar noch die Wirbelsäule hinter dem Herzen.

Er selbst habe direkt nach dem Faustschlag von Marcel S. einen aus dessen Gruppe geschlagen, dann hätten er und dieser Mann sich gegenseitig festgehalten, berichtete der Freund des Opfers. Marcel S. sei Dominik May noch hinterhergelaufen, dann aber umgedreht und auf ihn zugekommen. Daraufhin sei er geflüchtet. "Ich hatte Todesangst", erzählte er.

Die Aussage von Marcel S. war gespickt mit etlichen Erinnerungslücken. Er habe an dem Freitag - wie an Wochenenden üblich - viel Alkohol getrunken, erzählte er. Das Messer habe er nicht bewusst eingesteckt. "Ich habe daran gar keine Erinnerung", sagte der Lagerist. Er habe das Messer vor drei Jahren eigentlich als Geschenk für eine Freundin gekauft, es ihr aber dann doch nicht gegeben.

An dem Freitag war er zunächst in Friedrichsdorf und dann gemeinsam mit Kumpels bei einer Freundin in Usingen. Er selbst beschrieb sich als "Weichei" und "keinen Menschen, der Ärger sucht". Bei dem verhängnisvollen Treffen in der Nacht auf dem Verbindungsweg vom Festplatz zur Neutorstraße habe er sich und seine Freunde als bedroht angesehen.

Der vorsitzende Richter der 21. Strafkammer fragte nach, wie denn die Bedrohung ausgesehen habe. "Sie standen vor uns wie eine Mauer", meinte er daraufhin. Er habe dann nur noch das Bild vor Augen, wie er das Messer aus der Hosentasche zieht und sofort zusticht. An einen vorherigen Schlag könne er sich nicht erinnern "Ich wollte doch nie einen Menschen umbringen!", brach es aus ihm heraus. "Wäre ich doch selbst in dieses scheiß Messer gefallen. Warum bin ich überhaupt auf die Kerb gegangen? Warum sind wir nicht fünf Minuten später heimgegangen? Warum habe ich das scheiß Messer überhaupt mitgenommen?"

Nach der Tat sei er weggerannt, habe das Messer weggeworfen und sei in einem Hof weinend zusammengebrochen. Er habe Freunde und seine Schwester angerufen und sei schließlich zu einer Freundin in Usingen gegangen. Diese habe ihn getröstet. Schließlich habe er seinen Vater angerufen und ihm nur erzählt, dass er "Scheiße gebaut" habe. "Ich wollte aus diesem Albtraum aufwachen", meinte er.

Am Morgen nach der Tat wurde er von der Kriminalpolizei geweckt. Er legte sofort ein Geständnis ab. Dominik May war etwa zwei Stunden nach dem Messerstich trotz einer Notoperation im Bad Homburger Krankenhaus gestorben.

Die Verhandlung wird am Mittwoch, 14. April, 9 Uhr, fortgesetzt, allerdings nur eine halbe Stunde lang. Es soll unter anderem das Obduktionsgutachten verlesen werden. Die nächsten Zeugen werden am Donnerstag, 22. April, ab 9.30 Uhr, aussagen. Das Urteil wird vermutlich Ende April verkündet. Da Marcel S. wegen heimtückischen Mordes angeklagt ist, droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.

 

 
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